Deutscher Weltmusikpreis 2007

Volxlieder – Ausgezeichnet mit dem Deutschen Weltmusikpreis 2007

Deutsche RUTH 2007 · Achim Reichel · Volxlieder Projekt

Nach mehr als 40 Bühnenjahren, in denen er als Musiker in immer wieder neuen, überraschenden Kapiteln deutsche Rockgeschichte geschrieben hat, legt ACHIM REICHEL eine frappierend geradlinige CD mit deutschen Volksliedern vor. Kein Kostüm und keine Pflegemaske. Nichts Bemühtes. Und im schnörkellosen Idiom des Rockers entfalten die alten Lieder, umstandslos ernst genommen, eine Kraft, die sich unmittelbar überträgt. Auch wenn, wie der Sänger selber sagt, „die Zeit der Unschuld vorbei“ ist: ehrliche Musik.

Foto: © Ingo Nordhofen
Foto: © Ingo Nordhofen

Laudatio zur Verleihung des Weltmusikpreises „der Deutschen RUTH 2007“ an Achim Reichel auf dem Tanz- und Folk Festival Rudolstadt am 07.07.2007

Wenn heute der Hamburger Musiker ACHIM REICHEL für sein Album „Volxslieder“ und für herausragende Leistungen und Verdienste um deutsch- sprachige populäre Musik die deutsche RUTH 2007 bekommt, wird damit ein Künstler geehrt, der seit vielen Jahren daran arbeitet, dem Begriff Volksmusik einen neuen Sinn und positiven Klang zu geben.

Mein erster Versuch ACHIM REICHEL live zu sehen, endete Mitte der sechziger Jahre vor der Tür eines Schützenhofes meiner norddeutschen Heimatstadt, in der Deutschlands beste Beatband The Rattles auftrat. Als damals 14-jähriger waren mir die vor der Tür versammelten Kreidler-Moped-Rocker jedoch derart unheimlich, das ich die sauer ersparten 5-Mark Eintrittsgeld wieder einsteckte und mit meinem Kumpel unverrichteter Dinge nach Hause ging. Damit blieb dann erst Mal wieder nur der Beat-Club, um die Band live zu sehen. Kurze Zeit später standen ACHIM REICHEL und seine Rattles als Vorband der Beatles auf deutschen Bühnen.

Dieser Umstand wäre für die meisten Musiker wohl Anlass gewesen, über eine Weltkarriere nachzudenken, doch Achim Reichel widerstand den Verlockungen im Ausland die große Karriere zu machen und blieb, wie Deutschlands damaliger großer Fußballstar Uwe Seeler, lieber bodenständig in Hamburg.

Die Rattles waren für REICHEL bekanntlich erst der Anfang einer musikalischen Reise, die sich nach Beat, Psychedelic-Pop und grünen elektronischen Ausflügen schließlich auf die deutsche Sprache bezog, die ihn näher zu sich und einer eigenen musikalischen Ausdrucksform brachte.

ACHIM REICHEL hat zu einem frühen Zeitpunkt, Mitte der siebziger Jahre, trotz vieler Bedenken bei Schallplattenfirmen, als auch unter Musikkritikern und wohlmeinenden Freunden, alte traditionelle Seemannslieder mit Rockmusik verbunden. Eine geniale Verbindung, die ihn ermunterte 1978 auf dem Album „Regenballade“ zum ersten Mal, mit ebenso großem Erfolg, Texte deutscher Dichter wie Goethe, Heine, Möricke und Storm zu verwenden. Später arbeitete er mit zeitgenössischen Peoeten wie Jörg Fauser, Peter Paul Zahl und Kiev Stingl und schließlich mit eigenen Texten.

ACHIM REICHEL steht nach diesen gelungenen Arbeiten in besonderer Weise für die Entwicklung einer einzigartigen deutschen Folkvariante, also einer jungen deutschen Volksmusik, ohne dabei ausschließlich auf traditionelle Einflüsse und Wurzeln zu setzen.

„Man darf sich an alten Zeiten nicht festhalten, das Ziel besteht nicht im Stehenbleiben, sondern in der Weiterentwicklung“ hat ACHIM REICHEL mir Mal im Gespräch gesagt und damit wohl seinen künstlerischen Weg beschrieben, der ihn in den letzten Jahren dazugeführt hat, Volkslieder aufzugreifen und auf seine Weise musikalisch zu interpretieren. Ein geglückter Versuch, der gezeigt hat, das die alten Zeilen auch heute noch eine starke Ausdruckskraft haben.

Wie nah ACHIM REICHEL dabei im Jetzt steht, zeigt ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit. Als ihm ein Fan, von Beruf Kranfahrer, über den NDR Gedichte zukommen lässt, findet Reichel darunter den Text „An den Ufern Deiner blauen Augen“, aus dem er einen wunderbar groovenden Song macht. Näher kann man dem Volk als Musiker wohl kaum kommen.

Mit seinem aktuellen Album „Volxlieder“ hat Reichel den in den siebziger Jahren eingeschlagenen Weg fortgesetzt und mit großem Geschick und viel Einfühlungsvermögen als volkstümelnd und altmodisch geltendes Liedgut wieder ausgegraben und entstaubt. Einmal mehr gelingt ACHIM REICHEL damit der Spagat zwischen Tradition und Moderne – er verbindet die Poesie des 18. und 19. Jahrhunderts mit zeitgemäßem bodenständigem Rock'n Roll, Country, Blues und europäischer Folklore. „Volxlieder“ spielt mit einheimischen Musiktraditionen, hält sie dadurch lebendig und lässt sie Teil einer globalen Weltmusikkultur werden.

Mit ACHIM REICHEL erhält heute einer der Urväter einer eigenständigen deutschen Popmusik eine wichtige Auszeichnung.

ACHIM REICHEL wird für sein Album „Volxslieder““ und für herausragende Verdienste um deutschsprachige Folk- und Popmusik mit der deutschen Ruth 2007 ausgezeichnet. Herzlichen Glückwunsch!

© Uwe Wohlmacher