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Rock aus der Seemannskiste

ACHIM REICHEL
Dat Shanty Alb'm, Klabautermann, Regenballade

Nie waren die Songs von ACHIM REICHEL so wasserdicht wie zwischen 1976 und 1978, als diese drei Alben entstanden. Die elektronischen Instrumente baumelten am Achtersteven, und der Ex-Rattle besann sich auf seine Fähigkeiten als Beatmusiker. Er ließ sich bei der Bearbeitung alt bekannter, in der Seemannskiste verschimmelter Shanties von den Gebrüdern Frank und Stefan Wulff (von der Folktruppe Ougenweide) unter die Arme greifen. Den Überraschungseffekt hatte der Hamburger mit seinem „Rock uff platt“ auf seiner Seite: Wer hätte schon geglaubt, dass vom Skorbut geschwächten Klassikern wie „Rolling Home“ und „Shenandoah“ dank einer simplen Rockgitarre neue Zähne wachsen würden. Schiffarzt REICHEL hat das kleine Wunder vollbracht, und es ist ganz bestimmt kein Seemannsgarn, dass er (fast) alles selber gemacht haben soll: vom Anheuern (Produktion) über die Navigation (Songauswahl und Komposition) bis hin zur Arbeit im Rock 'n' Roll-Maschinenraum (Gitarre, Bass, Schlagzeug, Piano und Orgel). Nur bei extremer Windstärke lässt sich Skipper REICHEL zur Hand gehen: Das Boogie-Woogie-Piano von Bernd Schulz hämmert bei „De Düvel an Bord“ und „Feuer“, bis der Diesel raucht und verleiht Gedichten von Ringelnatz („Das Lied von der Hochseekuh“) ein vergnügtes, musikalisches Gewand. Auf dem Album „Regenballade“ macht der gelernte Kellner und Vollblutmusiker sogar Goethes „Zauberlehrling“ Beine – die stampfen allerdings im Viervierteltakt und schicken dabei so manchen Deutschlehrer über Bord. Geschlossenheit entsteht nicht zuletzt durch die exzellente Abmischung – so hart wie Captain Ahabs Holzbein. Selten hat sich REICHEL seine Extraration Rum so verdient wie mit diesen drei Alben.

Stephan Bender, Zounds


Ausnahme-Erscheinung

ACHIM REICHEL ist nach „Dat Shanty Alb'm“ und „Klabautermann“ folgerichtig bei den deutschen Klassikern gelandet. „John Maynard“ musste ich in der Schule auswendig lernen, es hat nicht geklappt. Jetzt kann ich das Gedicht auswendig – vom mitsingen. Auch der „Zauberlehrling“ und vor allem der „Fischer“ sind mir nun nicht mehr fremd. Das absolute Highlight der CD aber ist „Trutz Blanke Hans“. Tip: Kopfhörer anziehen, aufs Bett liegen, Augen schliessen und das Lied hören. Wer dabei keine Atemnot bekommt, der wird die Gefühle von Küstenvölkern nie nachempfinden können.

Kundenrezension/Amazon.de vom 27. Juli 2001
Rezensent: HansPeter Schäffler aus der Schweiz