Melancholie und Sturmflut

Mein großer Abräumer

(1991 / 2009) Tangram / Indigo 918712

Mit Inspiration
Zu ‚Melancholie und Sturmflut‘ muss ich zunächst sagen, dass die Platte in einer Lebensphase entstand, in der sich Zentnerlasten von meinen Schultern verabschiedeten, an denen ich zuvor zu ersticken drohte.

Und das kam so: Klein-Achim hatte sich ein Haus gekauft und wurde dabei so richtig über den Tisch gezogen. Ein Millionen-Prozess folgte, der sich über acht Jahre hinzog und den ich glücklicher Weise gewann. Als dann der Anwalt anrief und mir mitteilte, unser Geld sei wieder zurück auf dem Konto, war das ein unbeschreiblicher Moment. So befreit habe ich mich nie vorher gefühlt. Bester Nährboden also für neue Musik.

Aloha Heja He lag schon zehn Jahre im Umzugskarton
Doch bei aller verständlichen Euphorie, muss ich erhellender Weise hinzufügen, dass der Erfolg der CD nicht allein darauf beruhte, dass mein finanzieller Ruin abgewendet war. Die Melodie zu Aloha Heja He schlummerte fast vergessen in einem Umzugkarton. „Das könnte man ja auch mit reinnehmen.“, dachte ich so bei mir, ohne je zu ahnen, was für ein Knaller das werden sollte.

Wieder ein Überraschungs-Erfolg
Interessanter Weise kam auch niemand, weder die Plattenfirma, noch ich auf die Idee, hier einen Meilenstein meines Musikschaffens in den Händen zu halten. Hit-Ambitionen hatte eigentlich niemand so recht. Wir hatten in erster Linie viel Spaß bei den Aufnahmen im Studio. Natürlich machten wir uns Gedanken über mögliche Singles. Das aber gleich drei Hits auf der Platte sein würden – unfassbar: Aloha Heja He, Kuddel-Daddel-Du und Rolltreppe. Der Erfolg dieser CD demonstrierte zum x-ten Male eindrucksvoll, was aus einem Album werden kann, wenn es Hit-Singles an Bord hat. Es wurden über 350.000 CDs verkauft und das Album bekam Gold-Status verliehen.

Foto: Frank Wilde
Foto: Frank Wilde

Alles auf den Punkt
Ich denke, insgesamt ist ‚Melancholie & Sturmflut‘ ein rundes Produkt. Musik, Cover, Stimmung – alles kam auf den Punkt. Auch die Produktion war sehr geradeaus. Wir haben kaum Synchronisationen im Studio gemacht. Nur die Chöre sind nachträglich eingefügt. Die Musiker waren auf den Punkt, laid back – gut abgehangen, wenn man so will.

Als Lieblingstitel möchte ich gar keinen der eigentlichen Hits nennen. Die Zauberin mag ich nämlich besonders gern. Die hat so ne coole Attitüde.

Mir gefällt der Album-Titel
Apropos Attitüde: Ich mag ja auch den Titel der Platte gern leiden. Melancholie und Sturmflut sind als Stücke jeweils die Extrempunkte der CD. Die Plattenfirma wollte beide Titel auf dem Cover zusammen bringen – gute Idee. Himmelhoch-Jauchzend und zu Tode betrübt, diese Stimmungen waren mir damals ja nicht gänzlich unbekannt.

Andererseits steckt im Album-Titel für mich die Auseinandersetzung mit einem Zeitphänomen: der Tanz auf dem Vulkan. Für mich bedeutet das, in einer Gesellschaft zu leben, in der viele alles haben, aber jeder doch irgendwie genervt ist. In vielen Menschen steckt so viel Aggressivität, obwohl wir doch eigentlich recht zufrieden sein könnten mit dem, was wir haben. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir uns eingestehen: Dadurch, dass alles so verhältnismäßig billig verfügbar ist, wird es von uns als Normalität begriffen und als etwas, das uns zusteht. Und obwohl wir so viel haben, ist die Bereitschaft, sich betrogen zu fühlen immer vorhanden. Schade eigentlich. Darum habe ich versucht, aus diesem Album die Bitterkeiten weitestgehend raus zu lassen und durchaus versöhnliche Töne anzuschlagen. Kuddel segelt halt unter einem guten Stern.

Die Titel

Made In Paradise - Auf der Rolltreppe -  Kuddel Daddel Du -  Die Zauberin -  Aloha Heja He -  Sturmflut - Robert der Roboter -  Melancholie -  Karawane ins Glück -  Das Lied von Susi und Johnny -  Mein Herz ist ein Ufo Bonus: Auf der Rolltreppe (Live ’92)