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… so riesig wie ein ‚Hamborger Veermaster‘

Hab ich schon „Dat Shanty Alb'm“ bestaunt wie eine Hochseekuh, so ist der „Klabautermann“ so riesig wie ein „Hamborger Veermaster“. Achims neue Scheibe ist noch gar nicht im Handel und schon im Musikreport die LP der Woche! Wieso? Ganz einfach: Ich habe mir letzte Nacht eine Vorabpressung akustisch um die Ohren geschlagen. Und es ist wohl das Beste, was seit langem in deutschen Studios auf Vinyl gepresst wurde! Achim singt und rock 'n' rollt, als hätte er die Popmusik überhaupt erst erfunden. Hat er auch, der Teufelskerl. Wir fordern: ACHIM REICHEL for Harbour-Concert! Er hat sich um den norddeutschen Küstenstreifen verdient gemacht.

(-jo.), Hamburger Morgenpost
Sonnabend, 23.April 1977, Rubrik: LP der Woche


… die absurde Dämonie hat Achim so treffend umgesetzt

… Stück 1, zum Anwärmen: „Piratentanz“. Und schon geht's höllisch weiter. Klarer, sauberer, kompromißloser Rock 'n' Roll. „Der Klabautermann“, „Feuer“, „Wir lieben die Stürme“: harte Rhythmen, starke Bassgitarren, eine hektisch-heisere Querflöte und eine Mandoline. Schwer zu beschreiben, wie fröhlich, entspannt, voll Freude ich beim Zuhören war. Krönender Abschluß der ersten Seite ist Achims Fassung von einem der Galgenlieder von Christian Morgenstern, „Sophie, mein Henkersmädel“ heißt es hier, und die absurde Dämonie hat Achim so treffend umgesetzt. Schön auch die Mundharmonika. Sie passt genau.

Der zweiten Seite dann fehlen die Fetzer. Da geht's besinnlicher, windstiller über die Wellen. „Mit den Taschen voller Gold“ baut sich Stimmung und Dramatik auf. Hier malt die Musik. Eine zärtliche Geige. „Halla Ballu Ballay“ ist der Mitsinger, den ich so gerne zum Abschluß gehört hätte. Ja, es ist eigentlich nur der Schlußsong, der etwas trübt. Uninspiriert, mühsam, und ein Gitarrensolo, das – verzeiht – den Arsch nicht hochkriegt.

Aber was soll's: Es steht 9:1 für Achim und seine Piraten, die mit ihrem Spiel eine Stimmung verbreiten, als täten sie es nur des Spaßes wegen. Das alles kommt so locker, so sicher, daß man wirklich neidisch wird. Mit einer Musik, die das Körpergefühl und das vitale Empfinden früherer Rockplatten hat. Es stimmt, ich schwärme, aber wann kann man denn das schon mal so richtig ungehemmt? Und wann wohl wieder?

von Klaus Humann Sounds – Juni 1977